Ulrich Radoy, Schauspielgrundlagen, Berlin Mitte 14.04.2015

Der letzte Termin mit der Aufführung unserer Schauspielgruppe.

Von den vielen Teilnehmern vom Anfang des Kurses waren nun nur noch 9 für die Premiere da.

Wir haben am Anfang zum Aufwärmen noch ein paar Lockerungs- und Sprachübungen gemacht.

Sprachübungen, wie beispielsweise mit den Worten „Mona“ und „Nina“. Die Silbe „Mo“ wird tief in die Erde gesagt und „Na“ sagen wir weit in den Raum hinein. Die Aussprache „Ni“ geht, so sollen wir uns das vorstellen, wie eine Wasserfontäne auf unserem Kopf nach oben.

Weiter machten wir mit einer Übung auf dem Stuhl. Egal, wo wir uns im Alltag auch aufhalten, haben wir die Möglichkeit uns zu Entspannen und eine Auszeit zu nehmen. Für unsere grundsätzliche Stimmung, als auch für unsere Wirkung ist es vorteilhaft, wenn wir aus einer entspannten Haltung heraus agieren. Wir sollen so oft wie es nur möglich ist, Chancen der Entspannung erkennen und nutzen.

In einer anderen Übung stellten wir uns vor geerdet mit der Erde zu sein (in dem Fall war das Bild für uns, eine Leuchtstoffröhre, die wir vorgestellt durch unseren Körper laufen lassen. Die Röhre strahlt beim Atmen). Es geht darum sich wahrzunehmen und bewusst zu spüren, ob man sich in seinem Körper auch wirklich wohl fühlt. Falls ein gutes Gefühl nicht da ist, sollen wir dies wahrnehmen und unseren Geist und Körper entspannen. Bewusst in sich hineinhorchen, es fließen lassen und genießen. Stark über die Atmung und Entspannung kommen.

Es hat sich ein Mitschüler später an die Wand angelehnt. Uli meinte, genau diesen Unterschied meine er, zwischen Entspannung und schlaff sein. Wenn man entspannt ist, dann ist man trotzdem und auch gerade deswegen kräftig und wach da. Wenn wir uns schlafen legen, springen wir auch nicht hinterher sofort aus dem Bett. Es gibt einen Unterschied, sich zu kurz zu entspannen, Kraft und Ruhe für die nächste Aktion zu tanken, oder abzuschlaffen (wie in dem Beispiel an der Wand zu lehnen).

Meine persönliche Aufführung später war gut. Ein sehr positives Feedback von Uli bekommen. Ich sollte, um mich nun als Schauspieltyp weiterzuentwickeln, in eine Amateurgruppe beitreten oder ein Soloprogramm entwickeln.

Im Einzelnen hob Uli positiv hervor, dass ich in dem Stück den Gehetzten spielte und stark über die Atmung kam. Uli meinte immer, wenn er dachte jetzt wird das zu viel, kam ich selbst auf der Bühne wieder runter und zur Ruhe… Also hätte ich das richtige Timing für den Wechsel und den Rhythmus gehabt.

Meinen Text habe ich gut beherrscht. Ein ganz kleiner Versprecher, aber den hatte ich schon vorher vermutet. „Zettel um die Brust, Hals, Kopf oder sonst was“. Da habe ich vorher schon daran gedacht, ich werde vermutlich über diesen Satz stolpern.

Eine Zuschauerin bemerkte richtig, ich hätte aus Versehen zu viele Knöpfe von meinem Hemd aufgemacht und das dann leider wieder auf der Bühne korrigiert. Das fiel auf.

Uli fügte an, ich hätte deutlicher in den fiktiv angedeuteten Spiegel, der als Bühnenrequisit diente, schauen sollen. Ich habe zu viel auf den Boden geblickt. Das wäre aber Kritik auf hohem Niveau.

Als Uli mit mir anfing, zweifelte er daran mit mir in die Emotionalität zu kommen. Er ging davon aus, dass ich zu kopflastig wäre. Aber ich hätte mich im Laufe des Kurses geöffnet.

Uli hatte sich über meine Performance gefreut.

Gut war auch der komplette Auftritt mit Anzug, Krawatte und Tasche. Ich bin selbst mit der Anzughose auf den Boden. Das war für den Auftritt schon wirksam.

Entscheidend bei der Bewertung eines Schauspielers, insbesondere bei uns Laien, ist das Aufmachen und Zulassen. Der Zuschauer sieht, ob der Schauspieler echte Emotionen sendet und die Gefühle rauslässt. Und das wirkt dann sehr auf die Zuschauer.

Der Unterschied und der richtige Entwicklungsschub bei einem angehenden Schauspieler ist das Aufmachen und Rauslassen seiner Gefühle. Unsere Mitmenschen wollen etwas von einem Sehen. Authentizität verzaubert.

Und es geht nicht darum zu spielen, so wie mancher Teilnehmer. Manche Teilnehmer übertreiben es extrem. Leicht angedeutete Kritik hat dann auch Uli dazu gegeben.

Dies gilt wohl auch für uns im Privaten. Einfach offen, ehrlich und herzlich sein. Irgendwo habe ich gelesen, dass wir Menschen Schwierigkeiten haben zu sagen, dass wir jemanden lieben, uns zu entschuldigen und um Hilfe zu fragen.

Wir sollen Vertrauen in uns selbst haben. Das ist wichtig und eine Grundlage, um aufzumachen. Auch Vertrauen in die Umgebung, an die Umwelt und in andere Menschen. Das erinnert mich dann auch an die Übungen von Ursula Preußler zu Anfang von Schauspielkurs 1.

Nur wenn wir vertrauen, dann entspannen wir und machen wir auf. Dann kann was passieren und dann ist das auch für den anderen spannend. Dieses Feedback mit dem sich selbst vertrauen, hat er einigen der Teilnehmer gegeben.

Mit dem Vertrauen in einer Theatergruppe sollte es eigentlich noch etwas leichter sein, als draußen im Leben, da wir hier einen geschützten Raum haben.

Ganz süß war unser Schauspielkollege Andreas, als er sich vorne auf der Bühne zutiefst freute, Applaus und positives Feedback erhielt, und letzten Endes realisierte seinen Auftritt endlich hinter sich gebracht zu haben. Das war so schön anzuschauen, wie dieser Druck von ihm gefallen ist und wie er innerlich voller Freude war und seine Freude kaum zurückhalten konnte.

Ich habe zum Abschluss eine kleine Rede für Uli gehalten. Mich bedankt bei ihm für den Einsatz, die Geduld und die Einfühlung. Uli hat sich sehr gefreut.

Er merkte an, dass am Ende eines Kurses immer die richtigen Teilnehmer geblieben sind. Teilnehmer, die Talent und Spaß am schauspielerischen Ausdruck haben. Teilnehmer, die den Kurs abgebrochen haben, ist es einfach zu anstrengend sich auszuprobieren und sich auf ein solches Experiment einzulassen.